Rechtzeitig zur anrollenden Fastnacht: hier ein weiterer Beitrag aus der beliebten karnevalistischen Reihe "Neues aus der Bütt".
Festrede anlässlich der 68. Jahrestagung der Gesellschaft für klimakteriums-forschende Gynäkologen (GKFG)
„Sehr geehrte Damen und Herren! Herausragendes Leitthema unserer diesjährigen Jahrestagung ist es, das weibliche Sexualhormon als solches zu ehren, anstatt es immerzu nur zu messen und seine Wirkungen wissenschaftlich-statistisch zu evaluieren. Dem weiblichen Geschlechtshormon obliegt seit Jahrhunderten, wenn nicht gar seit Jahrtausenden, die Verpflichtung, als Zielscheibe des Spotts, der Weltenlaufbegründung und des Ersatzes für psychologische Erklärungsmuster herzuhalten. Wie uns die psychotherapeutischen Nachbardisziplinen lehren,
dienen insbesondere das Östrogen und das Gestagen, umgangssprachlich oft als „die Hormone“ grob verallgemeinert und verunglimpft, dazu, Handlungsschemata zu begründen und Symptombildungen ätiologisch herzuleiten. Im Grundsatz unterscheiden wir bei dieser Betrachtungsweise – im weiteren als pauschalisierendes Psychodynamik-Substitut, kurz PPS bezeichnet - zwei Erscheinungsweisen: zum einen ist der Fokus zu richten auf psychische Symptombildungen mit Krankheitswert, wie beispielsweise depressive Stimmungslagen, starkes Anhänglichkeitsgefühl gegenüber dem Partner, unbezwingbares Verlangen nach Nougatschokolade; zum anderen werden auch scheinbar alltägliche Verhaltensmuster wie etwa ausgedehntes einsames Shopping oder weinerliche Grundsatzgespräche über den späten Kinderwunsch, abgearbeitet am oftmals unbeteiligten aktuellen Lebenspartner, in der einschlägigen Literatur als Hauptfolgeerscheinung der Hormone erwähnt. Schon in einer Abhandlung PLATONs ist zu lesen, dass die Gebärmutter, Hauptentstehungsort der Hormone und von daher schon in der antiken Medizin misstrauisch beäugt, ein Tier sei, das glühend nach Kindern verlange. Dieses Tier entwickele sich, bleibe das Kinderkriegen aus, quasi zur zornigen Bestie, die für allerlei Krankheiten im Körper zuständig sei. So ist es nicht verwunderlich, wenn – durch transgenerationale mündliche Überlieferung von Mutter zu Tochter Jahrhundert für Jahrhundert weiter konserviert – noch heute dem Hormon an sich Wirkungen zugeschrieben werden, die weit über das hinausgehen, was sich Mediziner oder auch Männer als direkte Hormonwirkung vorzustellen vermögen. Auch die noch heute in magersüchtigen Gehirnen geläufige, früher allgemein verbreitete Theorie der sogenannten vapeurs, also Blähungen, die sich bis ins Gehirn schöben, fußt auf der Annahme des Uterus als eines unerwünschten Hoflieferanten launischer Frauen und weiblicher Gemütsverwirrung. So verwundert nicht die historisch verbriefte Herausnahme der Gebärmutter als drastische, aber unumgängliche Maßnahme; alternativ kam lediglich die unverzügliche Vermählung mit nachfolgender Schwängerung in Betracht, um der Bestie, wenn schon nicht den Garaus zu machen, so doch wenigstens einen anstrengenden Ganzheitsjob zu verschaffen und sie hierdurch zu bändigen.
dienen insbesondere das Östrogen und das Gestagen, umgangssprachlich oft als „die Hormone“ grob verallgemeinert und verunglimpft, dazu, Handlungsschemata zu begründen und Symptombildungen ätiologisch herzuleiten. Im Grundsatz unterscheiden wir bei dieser Betrachtungsweise – im weiteren als pauschalisierendes Psychodynamik-Substitut, kurz PPS bezeichnet - zwei Erscheinungsweisen: zum einen ist der Fokus zu richten auf psychische Symptombildungen mit Krankheitswert, wie beispielsweise depressive Stimmungslagen, starkes Anhänglichkeitsgefühl gegenüber dem Partner, unbezwingbares Verlangen nach Nougatschokolade; zum anderen werden auch scheinbar alltägliche Verhaltensmuster wie etwa ausgedehntes einsames Shopping oder weinerliche Grundsatzgespräche über den späten Kinderwunsch, abgearbeitet am oftmals unbeteiligten aktuellen Lebenspartner, in der einschlägigen Literatur als Hauptfolgeerscheinung der Hormone erwähnt. Schon in einer Abhandlung PLATONs ist zu lesen, dass die Gebärmutter, Hauptentstehungsort der Hormone und von daher schon in der antiken Medizin misstrauisch beäugt, ein Tier sei, das glühend nach Kindern verlange. Dieses Tier entwickele sich, bleibe das Kinderkriegen aus, quasi zur zornigen Bestie, die für allerlei Krankheiten im Körper zuständig sei. So ist es nicht verwunderlich, wenn – durch transgenerationale mündliche Überlieferung von Mutter zu Tochter Jahrhundert für Jahrhundert weiter konserviert – noch heute dem Hormon an sich Wirkungen zugeschrieben werden, die weit über das hinausgehen, was sich Mediziner oder auch Männer als direkte Hormonwirkung vorzustellen vermögen. Auch die noch heute in magersüchtigen Gehirnen geläufige, früher allgemein verbreitete Theorie der sogenannten vapeurs, also Blähungen, die sich bis ins Gehirn schöben, fußt auf der Annahme des Uterus als eines unerwünschten Hoflieferanten launischer Frauen und weiblicher Gemütsverwirrung. So verwundert nicht die historisch verbriefte Herausnahme der Gebärmutter als drastische, aber unumgängliche Maßnahme; alternativ kam lediglich die unverzügliche Vermählung mit nachfolgender Schwängerung in Betracht, um der Bestie, wenn schon nicht den Garaus zu machen, so doch wenigstens einen anstrengenden Ganzheitsjob zu verschaffen und sie hierdurch zu bändigen.
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Régnard, P Attitudes Passionelles - Menace.
Bourneville DM, Régnard P (1878) XVIII,
konserviert an der Bibliothèque Charcot
(Université Pierre et Marie Curie)
- Hôpital de la Salpêtrière -
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Heutzutage verfügen wir gottlob über eine zeitgemäße, multifaktoriell ansetzende und flächendeckend eingeführte Behandlungsstrategie. Denn die Prävalenz uterusbewirkter Depressionen ist als erschreckend hoch anzunehmen; insbesondere in psychotherapeutischen Sitzungen nimmt daher die Überlegung, ob es nicht doch die Hormone seien, einen traditionell großen Raum ein. Im Zuge einer modernen Befugniserweiterung belegen immer mehr Psychotherapeuten aus diesem Grunde Basisqualifikationkurse in Blutentnahme und Hormonmessung; auch ein neues disease-managment-Programm (DMP) wurde ins Abrechnungsleben gerufen, in welchem der Gynäkologe eng mit dem Psychotherapeuten und Chirurgen zusammenarbeitet; dabei tritt bei der kombiniert ambulant-stationären Versorgungskette die sogenannte VERHUNZ´sche Doppelschleife auf. Zu Schleifenbeginn erscheint die Patientin zunächst bei ihrem Gynäkologen, der nach längerer eingehender Beratung, die nicht selten die Kapazität der Abendsprechstunde strapaziert, diverse Laboruntersuchungen ansetzt und ansonsten auch nicht weiß, was man machen soll; es erfolgt nach einigen Hormonmessquartalen die Überweisung zum Psychotherapeuten; dieser glaubt zwar zunächst zu wissen, was man machen sollte, wird aber von der Patientin schließlich überstimmt und überweist nach zwei bis drei weiteren Überstimmungsquartalen zurück zum Gynäkologen und dieser weiter zum Operateur seines Vertrauens; nach der Entnahme des Uterus, die im Patientenselbsthilfejargon von unten oder durch den Bauch erfolgt, ist die Patientin etwa ein viertel bis ein halbes Jahr mit der körperlichen Regeneration und den sogenannten Verwachsungsbeschwerden beschäftigt; in dieser Zeit fallen wenig Behandlungskosten an, sieht man von indirekten Kosten durch einsetzende längere Arbeitsunfähigkeit ab; ist diese Zeitspanne abgelaufen, erscheint die operierte Patientin mit ihren Beschwerden wieder beim ursprünglich aufgesuchten Frauenarzt, der sie dann an den Therapeuten weiterverweist. Da der Therapeut die Patientin schon kennt, entwickelt sich ein Doppelschleifeneffekt, das heißt, es ist jetzt möglich, die ehemals uterusbestückte Patientin mit der nun uterusbefreiten Patientin zu vergleichen. Es entsteht bei der klinischen Gegenüberstellung beider Symptomkomplexe das sogenannte congruence phenomenon (CP), welches dadurch gekennzeichnet ist, dass die vorgebrachten, mit den ursprünglichen Klagen identischen Beschwerden nunmehr als Folgeerscheinung des Organverlusts interpretierbar werden und einen befreienden neuen Behandlungsansatz ermöglichen unter Einbeziehung neuerer Erkenntnisse der Objektbeziehungspsychologie (der Operateur als verfolgendes grenzüberschreitendes und das Organ als gutes verloren gegangenes Objekt). Die Hormone werden im Zuge dieser komplexen Behandlungskaskade hinsichtlich ihrer bad boy - Funktion befreit und können, nunmehr in leicht zügelbarer Tablettenform substituiert, endlich wieder ihre ganz normale Arbeit tun.
Meine Damen und Herren, lassen sie uns nun den folgenden Fachvorträgen lauschen und den Siegeszug der VERHUNZ´schen Doppelschleife, die sich mittlerweile bald 40 Jahre lang bewährt hat, gemeinsam feiern. Vielen Dank für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit!“
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