Jungehenschädling, Ostansicht |
Katja
kam wegen ihrer Schwiegermutter. Und sie war nicht die einzige Patientin, die
bei mir vorsprach wegen der Schwiegermutter.
Bei Katja war es die Wut darüber, dass ihre Schwiegermutter zuviel Alkohol trank. Nennen wir die Schwiegermutter, um den Text nicht allzu sehr mit Wiederholungen zu befrachten und ihm angesichts aller Schwiegermütter dieser Welt dennoch ein wenig Resteleganz abzuringen, abgekürzt SM. Das liest sich wie Sado-Maso und ist natürlich überhaupt nicht beabsichtigt ! Katjas SM hatte einen einzigen Sohn und das ist zweifelsohne ein verschärftes Gefahrenmoment für die Entwicklung einer SM Neurose beim masoschistischen Teil dieses pikanten Beziehungsgeflechts, also bei der Schwiegertochter. Das Haus, in dem SM, die ihren Ehemann schon seit vielen Jahren gut unter die Erde gebracht hatte, residierte, war mal für diesen Sohn und seinen, aus Sicht von SM unvermeidlichen, Anhang gedacht. Katja, der unvermeidliche Anhang, war in ihrer eigenen Kindheit mit einer alkoholkranken Edelprostituierten-mutter gesegnet gewesen und der Geruch betrunken schnarchender Freier, meistens frühmorgens, kurz bevor sie selbst aufstehen musste, um sich das Pausenbrot zu schmieren, war ihr unvergesslich geblieben. Daher drehte sie schier durch vor Wut, wenn sie am üblichen Samstag nachmittag ihre einzige Tochter bei der SM im freistehenden Einzelhaus in bester Gegend zum Begroßmuttern abgeben sollte („mein Mann will es so“) und die Fahne aus Moselwein beim Öffnen der Haustüre bereits als Willkommensgruß wehte. Auch dem Töchterchen von Katja war die SM nicht gerade die liebste Omi der Welt, seit diese es doch fertig gebracht hatte, beim Flötenvorspiel ihrer Enkelin nicht nur in der zweiten Reihe zu sitzen, sondern auch noch beschwipst während des etwas langatmigen Adagios aus dieser zu fallen.
Bei Katja war es die Wut darüber, dass ihre Schwiegermutter zuviel Alkohol trank. Nennen wir die Schwiegermutter, um den Text nicht allzu sehr mit Wiederholungen zu befrachten und ihm angesichts aller Schwiegermütter dieser Welt dennoch ein wenig Resteleganz abzuringen, abgekürzt SM. Das liest sich wie Sado-Maso und ist natürlich überhaupt nicht beabsichtigt ! Katjas SM hatte einen einzigen Sohn und das ist zweifelsohne ein verschärftes Gefahrenmoment für die Entwicklung einer SM Neurose beim masoschistischen Teil dieses pikanten Beziehungsgeflechts, also bei der Schwiegertochter. Das Haus, in dem SM, die ihren Ehemann schon seit vielen Jahren gut unter die Erde gebracht hatte, residierte, war mal für diesen Sohn und seinen, aus Sicht von SM unvermeidlichen, Anhang gedacht. Katja, der unvermeidliche Anhang, war in ihrer eigenen Kindheit mit einer alkoholkranken Edelprostituierten-mutter gesegnet gewesen und der Geruch betrunken schnarchender Freier, meistens frühmorgens, kurz bevor sie selbst aufstehen musste, um sich das Pausenbrot zu schmieren, war ihr unvergesslich geblieben. Daher drehte sie schier durch vor Wut, wenn sie am üblichen Samstag nachmittag ihre einzige Tochter bei der SM im freistehenden Einzelhaus in bester Gegend zum Begroßmuttern abgeben sollte („mein Mann will es so“) und die Fahne aus Moselwein beim Öffnen der Haustüre bereits als Willkommensgruß wehte. Auch dem Töchterchen von Katja war die SM nicht gerade die liebste Omi der Welt, seit diese es doch fertig gebracht hatte, beim Flötenvorspiel ihrer Enkelin nicht nur in der zweiten Reihe zu sitzen, sondern auch noch beschwipst während des etwas langatmigen Adagios aus dieser zu fallen.
Bei Annette dagegen war es nicht eine alkoholisch, sondern
geographisch bedingte SM Neurose.
Annette wohnte seit ihrer Heirat bei den Schwiegereltern „unterm Dach“ und man
arbeitete finanziell, emotional, erotisch und architektonisch an der
mittelfristigen Vision, dass hinter dem Haus ein zweites Haus gebaut würde,
wenn der geplante Nachwuchs käme. Ich glaube, unser Landstrich ist von solchen
Doppelbebauungsvisionen besonders gesegnet. Die Haus-hinter-dem-Haus-Variante
ist offenbar so etwas wie ein Garant für ewige Dankbarkeit der Jungen gegenüber
den Alten (man hat großzügig Geld zugeschossen und den Bauplatz quasi geschenkt),
die in der Erwartung gipfelt, dass die Schwiegertochter bei Eintreten von
Pflegebedarf der SM zur Stelle ist
(weit hat sie´s ja dann nicht). Die geographisch bedingte SM Neurose hat auch eine B-Variante, das ist die beliebte
Einliegerwohnung, in die das junge Paar, bestehend aus Natascha und Thorsten, beglückt
zu reduzierten oder aus Edelmut gänzlich erlassenen Mietpreisen einzieht (letztere
Großzügigkeit entpuppt sich allerdings beim zweiten Hinschauen als Farce, denn
an „Fremde“ würde SM ohnehin nicht
vermieten). Die C–Variante besteht im Wohnungswechsel innerhalb des Hauses,
indem, wenn Enkel kommen, die im Garten tollen sollen, die Oma hoch unters Dach
und die jüngere Generation im Gegenzug hinunterzieht. Das hat wie vieles im
Leben Vor- und Nachteile. Einerseits muss die SM dann Treppen steigen, andererseits kann sie, ohne sich groß
bewegen zu müssen, mit dem Stock, im Fernsehsessel sitzend, auf den Boden
klopfen, und das ist das Kommando für die Schwiegertochter, dass sie mal
hochkommen solle, da sich Kreislaufprobleme ankündigen oder noch zu gießende
Zimmerpflanzen warten.
Zentral bei der Erhebung der psychotherapeutischen
Anamnese ist bei allen SM Neurosen
die Frage, ob angesichts dieser Arrangements liebender Familienbande zwei
Waschmaschinen existieren. Ist das nicht der Fall, haben wir zusätzlich die hygienebedingte SM Neurose (auch Schwiegermuttis
Waschsalon genannt), bei der ein offizieller deal (du wäschst und bügelst, ich
habe mehr Zeit für meinen Halbtagsjob) und ein inoffizieller Teil des deals (du
kannst unsere Bettwäsche kommentieren,
wir sparen uns den Gang zur Kinderwunschspezialsprechstunde) sich die Waage
halten. Was hat dies alles mit Traumhäusern zu tun, könnte man sich nun fragen,
wo ist die Schnittmenge zwischen Immobilien und Schwiegermüttern verborgen ?
Immobilie heißt ja vom Wortsinn her „unbeweglich“,
und die Problematik einer unumgehbaren, festgefahren und geographisch verwurzelt
erscheinenden Schwiegermutter, die erst bedient, bis zum Tode gepflegt oder
schlichtweg mitsamt ihren ewig zu trocken gebackenen Gugelhupfen ertragen
werden muss, hat da ihre häufige Entsprechung.
Therapeutisch gesehen ist die SM Neurose aller drei vorher
beschriebenen Gattungen erst dann behandelbar, wenn sich Patientin und / oder
ihr Ehemann bewegen lernen. Nicht nur eine gewisse, oftmals sogar ursprünglich
heiratsbegünstigende Immobilienfixierung der jungen Gattinen ist ja hier im
Spiele, die man mühsam verstehen,
interpretieren und danach aufbrechen muss; sondern auch die dazugehörigen klassischerweie
jungenhaft und nett rüberkommenden Ehemänner haben dabei häufig ein bisschen Dreck
an ihrem ödipalen Stecken, gehören sie doch fast immer zur Kategorie RWM (Raushalten – Wegducken
– Mamas Liebling bleiben). Auf die Frage, was an der Gründung eines eigenen
Hausstands hindere, ohne Abwarten der Erfüllung des 240 Quadratmeter-Traums, den SM ihr eines Tages bescheren werde,
erhalte ich oft die Antwort, das sei finanziell so schwierig, weil man
schliesslich wesentlich billiger wohne, als dies auf dem freien Markt der Fall
wäre. Ich antworte dann, das sei ja dann teuer bezahlt.
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