"Morgendlicher Empfang der
Comtesse" (Gemälde 1743/1745, W. Hogarth)
So etwa empfing die schöne Marschallin ihre Bittsteller
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Leider ist es für die meisten Menschen nicht
gerade einfach, sich an den Überlegungen der Marschallin zum Älterwerden zu
orientieren, die sie in einer langen Betrachtung
am Ende des ersten Aktes des
„Rosenkavaliers“ ausdrückt. Sie philosophiert da über die Vergänglichkeit, und
man merkt, sie leidet ohne zu klagen. Manchmal
steh´ ich auf, mitten in der Nacht, und laß´ die Uhren alle stehen. Aber
dazu später mehr.
Es gibt auch Patienten, die der Wahrheit völlig ungeschminkt (ha !) ins
Gesicht sehen. Sie haben es aufgegeben, sich jung zu geben, sondern sie beklagen lediglich, dass
sie nicht mehr jung sind. Dabei schauen sie dich an, als seist du von anderer
Machart, ein kosmischer Ausländerfall, dessen Webmuster bedinge, dass er selber
nicht altere und nicht sterben müsse, und nur sie selbst seien vom harten
Schicksal der Vergänglichkeit betroffen. Bei der weitaus größeren Gruppe dieser
Exemplare handelt es sich um sogenannte DSL´s, was jetzt ausnahmsweise nichts
mit Datenübertragung zu tun hat. Es sind stattdessen drogeriemarkt-shoppende-Längerleber.
Und tatsächlich ist es sehr imposant, sich da mal zwischen den meterlangen
Regalen herumzudrücken (man kann ja so tun, als suche man ein spezielles
antiallergisches Heftpflaster für ein Kleinkind im Falle, dass man Bekannten
begegnet). Die Sache mit den Vitaminen, einzeln oder in allen erdenklichen
Kombis, ist ja nun kein besonderer Renner mehr. Mittlerweile geht es um
liebenswerte Fette ohne kriminelles Potential, um Mineralien (ich empfehle: ZINK
!) und Tees zum Entschlacken, die dem Vitamin C–Pulver der 80er Jahre längst
den lebensverlängernden Rang abgelaufen haben. Völlig Überflüssiges findest du
neben ganz basal Wichtigem wie z.B. zumeist mit goldenem Herbstlaub verzierte
Helferlein für die Gehirnfunktion zur Alzheimervermeidung. Die Kunden in diesen
Regalreihen machen, im Gegensatz zu denjenigen in der Make Up – Abteilung, ein
sehr wichtiges Gesicht, ernst und hochkonzentriert so wie die akribisch
ausgewählten Inhaltsstoffe, mittels derer sie versuchen, sich später einmal keine Vorwürfe machen zu müssen, wenn
sich doch irgendwelche Altersbeschwerden einstellen sollten. Ich würde mein monatliches Einkommen gerne mit dem Tagesumsatz des Ladens an Nahrungsergänzungsmitteln tauschen, für immer
! Also, sagen wir, solange ich lebe, das ist ja vermutlich doch nicht für
immer, es sei denn, die andere Gruppe der ungeschminkt wahrheitssuchenden
Exemplare, zahlenmäßig kleiner, aber nicht weniger interessant, behält Recht,
die ISDN´s (indienaffine Shiva - dependente nerds), denn die leben ständig
weiter, zukünftig meistens als Tempeltänzerinnen, und das bei vollem
Bewusstsein, so dass sie sich schon heute darauf freuen können.
Eine der meiner
Ansicht nach hilfreichsten Aussagen über das Alter trifft die Marschallin im „Rosenkavalier“:
Nicht quälen will ich dich, mein Schatz.
Ich sag, was wahr ist, sag´s zu mir so gut wie zu dir. Leicht will ich´s machen
dir und mir. Leicht muss man sein: mit leichtem Herz und leichten Händen,
halten und nehmen, halten und lassen ...Die nicht so sind, die straft das Leben
und Gott erbarmt sich ihrer nicht.
Als DSLer hast du diese Strafe schon;
der ganze Kram ist teuer, wirkt nicht und du musst dich auch noch dauernd
darüber auf dem Laufenden halten. Ob gottgewollt oder doch ein
Kollateralschaden der Aufklärungsattacken der Pharmaindustrie … sei mal ganz
vornehm zurückhaltend dahingestellt. Da sind die ISDN´s vermutlich etwas besser
dran, es sei denn, sie landen im nächsten Leben als abschauender Hund und ahnen
es schon.
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