... was bisher geschah...
Tag 40:
Geweitete Augenaufschläge: Hast Du soooo viele Privatpatienten? Ich meine in den Wochen darauf wahrzunehmen, dass ich bei meinen Bekannten nicht mehr so beliebt bin wie früher.
Episode 3: Alles kein Problem
Tag 44:
Zwei Tage nach der stattgefundenen Ausschusssitzung bekomme ich Post vom Ausschuss. Die KV habe einen Formfehler begangen und ihre Befürwortung der Nachbesetzung einen Tag zu spät brieflich abgegeben. Die Angelegenheit würde daher vertagt. Der neue Termin sei in zehn Wochen.
Das Datum wird mir genau mitgeteilt. Naja, denke ich. Gottseidank habe ich ja früh genug angefangen mit dem Antrag.Tag 50:
Ich bin zum Kaffeetrinken eingeladen bei zwei Freundinnen. Ich erzähle von dem Praxissitz und die eine Freundin, eine niedergelassene Kollegin, fuchtelt mit dem Zeigefinger vor meinem Gesicht herum und sagt, bist du verrückt, ich würde nie, nie, nie die Kassenzulassung abgeben. Ich beschließe, dass ich nie, nie, nie mehr einer Kollegin erzählen werde, dass ich meinen Sitz abgeben werde.
Tag 61:
Ich bekomme Hemmungen, die absolut aussichtsreiche ärztliche Kollegin W. solange hinzuhalten und sage ihr, der Ausschuss habe immer noch nicht getagt, er tage erst wegen Verschiebung in etwa sieben Wochen. Sie sagt, das mache überhaupt nichts, es sei kein Problem, sie habe es mit der Niederlassung nicht eilig. Danke für Ihre Geduld.
Tag 73:
Ich bin froh, dass ich die absolut aussichtsreiche ärztliche Kollegin W. als Nachfolgerin habe. So kann ich die nach und nach an mein Ohr drängenden Schreckensnachrichten besser verarbeiten: es gebe wahre Tumulte in den Ausschusssitzungen. Es habe vor einigen Monaten mal eine furchtbare Ärztin, die keiner wolle, gegeben (zaghafte Überlegung: gibt es sie immer noch?) und die im letzten Moment die Sitzung ungebeten gestürmt und dann den Sitz für einen Appel und ein Ei sich erstritten habe – und das bloß, weil sie ein halbes Jahr länger approbiert gewesen sei. Den Ausschuss interessiere es sowieso nicht, mit wem man Vorverträge habe. Aha.
Tag 75:
Der super nette Justiziar der Kassenärztlichen Vereinigung fällt mir in trüben Stunden ein. So auch heute. Ich telefoniere mit ihm, um etwas Beziehungswärme in diesem kalten Praxisabgabegeflecht zu ergattern. Es ist der mit dem knapp 100seitigen Heft. Er sagt mir, vor dem 30. September solle ich auf keinen Fall die Verzichtserklärung für meinen Sitz unterschreiben –sonst sei ich ja quasi enteignet, und das würde er mir unter juristischen Gesichtspunkten auf keinen Fall raten.
Tag 85:
Zwei Tage nach der mittlerweile vom April in den Juli verlegten Ausschusssitzung bekomme ich Post vom Ausschuss. Man wolle erst meine Verzichtserklärung für den Kassensitz haben, vorher könne man nicht entscheiden. Die Angelegenheit werde vertagt. Der neue Termin sei in neuneinhalb Wochen. Das Datum werde mir noch genau mitgeteilt. Naja, denke ich, jetzt wird es aber langsam knapp. Kann ich eigentlich noch meinen Sommerurlaub antreten? Gottseidank habe ich ja früh angefangen mit dem Antrag. Ich telefoniere mit dem ausnehmend netten Justiziar, weil heute wieder ein trüber Tag ist, und frage ihn, ob ich denn im Spätsommer in Urlaub fahren könne und gleichzeitig meinen Sitz ausschreiben lassen. Ich könne nichts dafür, beteuere ich noch, also dass ich in Urlaub führe, dafür schon, aber ich hätte ja schon im März den Antrag gestellt und nun führe ich halt Mitte August in Urlaub. Er sagt, das sei kein Problem. Ich habe allerdings den Verdacht, dass er mich bloß beruhigen will. Und überhaupt sei die zweimalige Verschiebung auch kein Problem, und wenn erst einmal die Nachbesetzung befürwortet sei, dann gehe es schnell; der 18. Oktober sei doch immer noch realistisch als Datum der dann folgenden endgültigen Verhandlung, zumal ich ja schon eine geeignete Käuferin hätte.
Tag 116:
Ich erzähle meinem Freund in einer schwachen Minute, dass ich bereue, dieses Ausschreibungsverfahren eingeleitet zu haben. Vielleicht hätte ich die Entschädigungsvariante nehmen sollen, eine Mail hätte genügt, der Verkehrswert wäre mir erstattet worden, das sei zwar bloß ein Fünftel oder Viertel, aber was sei dieser Betrag in Anbetracht des sich abzeichnenden Morbus Praxissitz. Und ich hätte jetzt nicht diese ständigen Schriftwechsel und Terminverschiebungen. Er meint, bist du verrückt, du kannst doch nicht auf so viel Geld verzichten, schließlich würde ich, so fuhr er fort, nach Abgabe des Sitzes viel weniger verdienen!
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