... was bisher geschah:
Ich habe physisch und psychisch wider Erwarten das abendliche Gespräch mit Bewerberin Schaun-wir-mal überlebt und befinde mich auf dem Wege der Besserung. Bis zur avisierten Sitzung am 6. Dezember habe ich sogar ein Gefühl, nun sei alles von meiner Seite getan. Zwei Vorverträge liegen auf meinem Schreibtisch, einer mit der fallen-in-love-Frau K. und einer mit dem jugendlich -attraktiven Psychologen F.. Ich harre, erstmals seit Monaten annähernd tiefenentspannt, der Dinge. Und freue mich auf den Nikolaus.
Tag 219:
Die beinahe aussichtslose Bewerberin K. ruft mich notfallmäßig an. Weil ihr Name auf dem Display blinkt, gerate ich ins Wallen und hebe sofort ab. Sie habe eben mit jemandem vom Ausschuss telefoniert, der sei ihr nicht sehr kompetent vorgekommen, habe aber durchblicken lassen, dass es eigentlich schon zu spät für Bewerber sei, die Anträge für die Dezember - Sitzung zu stellen. Ich verstehe das nicht. Auf der Homepage steht vier Wochen vorher, mündlich heißt es häufiger in der letzten Tagen, mmhhhh., aaaaah, uuuuh, besser sechs Wochen vorher. Wir haben aber noch sieben Wochen Zeit.
Tag 228:
Ich bin auf dem abendlichen Nachhauseweg von meiner Praxis und überquere einen breiten Platz. Da winkt mir von weitem eine Psychologin zu, die ich privat kenne. Ich winke zurück und eigentlich möchte ich weitergehen. Aber sie erwischt mich doch und sagt zu meinem Erstaunen, ob sie mir irgendwie helfen könne. Sie sei nämlich ein Mitglied des Ausschusses. Ich fühle mich verfolgt. Das sei ja alles ziemlich schwierig bei mir (warum?), jedenfalls habe sie das so grob orientierend in Erinnerung. Ich berichte ihr, dass ich zwei Bewerber hätte, einen quasi um die Ecke und eine in 1400 Metern Entfernung. Sie meint, bei der zweiten, aaaaah, mhhhhhm, das könne schief gehen. Ich solle mich doch mal melden. Sie wolle mir doch so gerne helfen! Ich frage sie, ob es denn sicher sei, dass ich eine Praxis zum 1.1. übergeben könne, die erst sieben Wochen später im Nachhinein verhandelt würde. Aaaah, mhhhhm, so ganz sicher wisse sie das nicht. Im Weggehen sagt sie, ich hätte doch sicher die Vorverträge zur Prüfung schon dem Ausschuss geschickt? Nein, habe ich nicht. Davon wusste ich nichts.
Tag 229:
Ich kopiere gleich frühmorgens die Vorverträge, entwerfe ein Anschreiben und schicke sie an den Ausschuss.
Tag 275:
Die Adventszeit naht. Ich habe in der Zwischenzeit mehrere Drohanrufe bekommen von Bewerbern, mit denen ich keinen Vorvertrag habe. Sie hielten sich alle für sehr aussichtsreich, hätten zwar noch keine Räume, aber das könne sich stündlich ändern. Und behielten sich daher vor, bei der Sitzung im Ausschuss im Februar zu erscheinen. Außerdem habe ich die Vorverträge mit den beiden psychologischen Bewerbern K., du erinnerst dich, meine 1400 -Meter-Wundenleck-Selbsthilfe-Schwester, und F., dem total attraktiven Steuerspartrick-Kollegen, nun abgeändert, weil ja die Sitzung des Ausschusses vertagt worden war und die eingetragenen Termine nicht mehr stimmten.
Tag 276:
Anfang Dezember treffe ich doch tatsächlich in der Stadt erneut zufällig auf die Psychologin vom Ausschuss und ihren Mann. Wir begrüßen uns freundlich und sie fragt, ob den am 6.12. mein Sitz im Ausschuss dran sei. Ich frage mich, warum sie das nicht selber weiß, sie sitzt doch im Ausschuss? Oder spioniert sie mich etwa aus, im Auftrag des Drachens? Ich unterdrücke die Frage und sage „nein“. Sie macht eine denkerisch-philosophische Handbewegung und fasst sich an den Kopf. Da war doch, da war doch was…. Irgendetwas sei bei mir schwierig. Das Dumme ist, es fällt ihr nicht ein, was. Irgendetwas sei da …. Nicht dass es noch in letzter Minute schiefgeht. Ich solle sie doch mal anrufen.
Tag 278:
Die berufspolitisch engagierte Psychologin vom Ausschuss hat mich mittlerweile weichgekocht und ich rufe sie an. Es ist ihr gottlob wieder eingefallen. Sie meint, es sei schwierig, dass ich keine Räume mit anbiete. Angesichts der zahlreichen Kolleginnen, die auch keine Räume anboten und ihre Sitze erfolgreich verkauft haben, frage ich mich, warum das bei mir so extrem problematisch sei. Ich behalte die Frage für mich. Vielleicht kursieren ja Photos meiner Räume ohne mein Wissen im Netz und der Zulassungsausschuss hat schon heimlich beschlossen, dass diese schönen Räume nicht mir allein gehören dürfen. Als ich ihr erkläre, dass meine Räume nicht gemietet seien, sondern mir gehören, so dass ich da selbst darüber entscheiden könne, gratuliert sie mir und sagt, dann könne ja nichts passieren. Dankbar lege ich auf mit dem Gefühl, dass ich jetzt endlich den vollständigen Durchblick habe.
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