f Psychogeplauder: Halber Praxiswitz Staffel 2 Episode 3: Komagefahren

Mittwoch, 6. Oktober 2021

Halber Praxiswitz Staffel 2 Episode 3: Komagefahren





 ... was bisher geschah 

Nachdem ich mit der fast chancenlosen Frau K. einen coup de foudre erlebt hatte, taumelte ich leider nur kurz im Glück, denn in Frau Schaun-wir-Mal, Ärztin L. sowie dem jugendlich-attraktiven F. hat unser junges Glück aller Voraussicht nach nur eine kleine Chance. Ganz zu schweigen vom kampferprobten Prsychologen B., der bereit war, für seine tollen Räume über meine Vorverträge gerne hinwegzusehen.


Tag 211: 

Frau Schaun-wir-Mal hat nun Zeit gefunden, mit mir ein Vorvertragsgespräch zu führen. Sie berichtet zunächst ausführlich und differenziert, was sie von dem ganzen Verfahren hält. Und dass sie sich nur und ausschließlich auf meinen Sitz beworben hätte, um dieses Konstrukt aus Beliebigkeit und Intransparenz nicht zu unterstützen. Nicht wie die anderen, die würden sich alle auf jeden Sitz gleichzeitig bewerben. Aha. Ich dachte mir sowas schon, in dieser Krassheit aber… öffnet sie mir dann doch die Augen. Ich berichte ihr gönnerhaft, dass die Ärztin gerade abgesprungen sei und ihrer Bewerbung nun nichts mehr entgegenstehe. Sie ist nicht begeistert, sondern wider Erwarten geht es jetzt erst richtig los.

Der Rest des Gesprächs wird zäh. Sie sagt mir in tausend Varianten, dass ihr Konzept sei, dass sie in meinen Räumen arbeiten wolle. Sozusagen eine Praxisgemeinschaft. Das stelle sie sich in ihrem Konzept so schön vor: jeden Tag so eine Art Begrüßung und Schichtwechsel. Ich bin verwirrt, erinnere sie, dass ich doch schon seit Monaten deutlich gemacht hätte, dass das nicht geht. Zumal ich hier in einem ziemlich großen Umfang weiter arbeiten wolle, die Räume mir gehörten und ich nun, in der letzten Phase meiner Berufstätigkeit angekommen, die Freiheit haben wolle, über diese Immobilie frei zu verfügen. Sie sagt, naja, das kann man so und so sehen. Ich hätte eben ein anderes Konzept. Das abendliche Gespräch zieht sich über fast zwei Stunden. Sie redet davon, dass Konzepte sich ändern könnten. Ich beschließe, zukünftig Machiavelli zu lesen, bevor ich wieder mit der Psychologin Schaun-wir-Mal in Kontakt trete. Mir ist flau im Magen, ich bin müde. Unter der Tür fragt sie mich: Soll ich mich also jetzt offiziell nicht auf Ihren Sitz bewerben, oder? Ich bin so fertig, dass mich nach dem Gespräch kurz auf den Teppich legen muss. Dabei stolpere ich über die Teppichfransen und falle hin. Mich überkommt der panische Gedanke, was eigentlich wäre, wenn ich ins Koma fiele. Kann ein komatöser Praxisübergeber seine Praxis verkaufen? Oder tritt dann ein gesetzlicher Vertreter auf den Plan? Und was passiert mit den Verträgen? Ich finde dazu nachts nichts auf der Homepage des Ausschusses. Nicht eine einzige FAQ. 


Tag 215: 

Nachdem die sich geehrt fühlende Ärztin raus ist, höre ich von einer weiteren Bewerberin, diese Ärztin würde überall von allen Praxisverkäufern zitiert. Natürlich immer ohne Namen. Sie hätte sich auf alle vier Arztsitze des Ausschreibungsmonats beworben. Ich fühle mich enttäuscht. Ärztin L. hatte doch gesagt, er sei ihr eine Ehre, wenn sie meinen Sitz erhielte. Das hatte ich persönlich genommen. Bin ich für sie bloß eine Nummer? Was, wenn sie doch beim Ausschuss auftaucht, ohne Vertrag? Und was, wenn Frau Schaun-wir Mal, aufgrund ihres Konzepts, auch auf diese Idee käme? Der gegen meinen Willen neu im Boot befindliche kampfesbereite promovierte Psychologe B. hatte ja auch schon damit gedroht. Die relativ chancenlose, aber ehrliche 1400 - Meter - Bewerberin K. meldet sich und berichtet, was sie alles von dem uns beiden zusetzenden unmenschlichen Verfahren weiß: es gebe noch Bewerberin Q. und Bewerberin H., falls die bei der Verhandlung im Ausschuss uhrzeitmäßig vor meinen Sitz dran wären und gleichzeitig der kampferprobte Kollege B. nicht aufträte, dann hätte sie evt Chancen. Das ginge aber nur gut, wenn der total attraktive Kollege F. bei einer anderen Praxisverkäuferin A. auch einen Vorvertrag hätte und dort der kampferprobte B. vorher zurückzöge. Denn diese Praxisverkäuferin sei auf jeden Fall vor meiner Praxis dran, das gehe alphabetisch. Ich bekomme Kopfschmerzen.


 Tag 216: 

Ich erkläre abends meinem Lebensgefährten, ich hätte doch auf den Praxisverkauf verzichten und die Abfindung annehmen sollen. Er ändert seine bisherige Beratungsstrategie sagt, du hättest eben deine Geldgier bekämpfen müssen und einfach nur die Abfindung annehmen. Und dass er froh sei, wenn das Ganze rum ist. 


Tag 217: 

Ich habe jetzt zwei Vorverträge vereinbart, den einen mit dem total attraktiven jugendlichen Psychologen F. und den anderen mit der relativ chancenlosen Kandidatin K., die aber aus taktischen Gründen heraus hofft, dass F. in der Ausschusssitzung am 6. Dezember winnermäßig abräumt, bevor mein Sitz verhandelt wird. Wir spielen alle Varianten durch. Es gibt auch die Variante, dass die relativ chancenlose Psychologin K. nun doch woanders den Zuschlag erhält, weil sie sich auf mindestens vier Sitze insgesamt bewerben möchte; und dass der attraktive Psychologe F. auch abräumt, weil er sich auf eine mir unbekannte Zahl anderer Sitze beworben hat. Wobei mein Nachname im Alphabet jetzt nicht so arg günstig liegt. Also mit einfacheren Worten gesagt, dass ich die Praxis dann gar nicht verkaufen kann. Mein Lebensgefährte sagt triumphierend, du hättest eben doch Schach lernen sollen. Ich fühle mich trotzdem gut, es ist endlich alles getan. Ich packe den gesamten Schriftwechsel zum Thema in ein Regal und wende mich wieder dem Leben zu. Nun ist bis zur am 6. Dezember angesetzten Sitzung zum Vertragsabschluss nichts mehr zu tun und ich kann einfach abwarten.


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