f Psychogeplauder: Alaaf !

Donnerstag, 20. Februar 2014

Alaaf !






Ich empfinde es als ungerecht, um nicht zu sagen unmenschlich, ausgerechnet den hart arbeitenden, ernst und diszipliniert ihre Therapiestunden absitzenden Psycho-therapeuten zu verwehren,
die tolle fünfte Jahreszeit auszukosten. Und zwar nicht nur, in dem sie im stillen Kämmerlein diese ab Mitte Januar epidemisch sich ausbreitenden schwerverdaulichen Berliner essen dürfen oder sich bei irgendeiner Kappensitzung amüsieren, möglichst 30 Kilometer weit weg, damit man in seinem Dschungelkostüm mit dem viel zu weiten Ausschnitt nicht potentiell von Patienten oder, schlimmer noch, von Kollegen erkannt wird. Nein, ich meine, unsere Zunft sollte sich die rheinischen Fastnachtsmetropolen zum Vorbilde nehmen und auch während der Berufsausübung vorübergehend, aber zuverlässig ausflippen. Wenn Du mal zum Karneval in Aachen oder Köln warst, weisst du, was ich meine. Da triffst du auf Busfahrer, deren rote Nasen oder Bunny-Ohren nur notdürftig davon ablenken können, dass da möglicherweise was nicht mit rechten Dingen zugeht. Selbst die sonst seriös verkleideten Bankangestellten wirken bei der Geldausgabe nicht nur verirrt, da mit Matrosenkappe oder rosa Schleife verziert, sondern auch beim Verrichten ihrer jeweiligen Aufgabe verdächtig langsam. Am besten, Du  schliesst in diesen Tagen lieber keinen Kredit ab, und Laufen statt Busfahren ist ja sowieso sehr gesund.
Bei der Psychotherapie ist es, wenn du in irgendeiner stinknormalen Stadt lebst, die zwar Fastnacht kennt, aber sie nicht wirklich lebt, gar nicht so einfach, das Jeckentum ins Haus zu holen. Einen Patienten, der absagte, um den örtlichen Fastnachtszug zu sehen, hatte ich erst ganze zwei Mal in 80 Jahren, und da ging es um das eigene Kind, dem man doch die Freude machen wolle. Und da ich in einem Kapitalismusding drinhänge, sage auch ich nicht wegen Tollität ab und lasse mir nicht mein Honorar entgehen, das ich in diesen Tagen für abenteuerliche Hexenkostüme mit langen schwarzen Satinhandschuhen umsetze. So trifft man sich zur „Sitzung“, als wenn nichts wäre, und da beginnen meine Forderungen an die Berufsgenossenschaft. Ich finde, gerade die weiblichen Therapeuten sollten jährlich am schmutzigen Donnerstag einmal Freilauf bekommen und das Kostüm ihrer Träume tragen. Bei mir wäre es eine Polizeiuniform (natürlich männlich). Und jeder Patient, der das Vergnügen hat, ausgerechnet donnerstags seinen Therapietermin zu haben, würde mit besonderen Instruktionen begrüßt. Die Polizistensitzung begänne dann so: „Frau X, hören sie gut zu“ oder „Herr Y, aufgepasst“. – „Heute habe ich eine Pistole dabei, die steckt griffbereit in meiner rechten Hosentasche. Sie dürfen in dieser Sitzung alles machen und alles sagen – aber wenn ich diesen einen Satz von ihnen höre:  Das ist bei mir schon immer so gewesen, dann ziehe ich die Knarre und drücke ab“.

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