Teste vuote ("hohle Köpfe") Keramik / Süditalien |
Gelegentlich manifestiert sich die schwarze Ausstrahlung eines Menschen auch dann, wenn er ein hellhäutiger Mitteleuropäer ist.
Die Wahrnehmungsfähigkeit hierfür entwickelt sich nicht unbedingt, während du in einem Straßencafe sitzt und er am Nachbartisch eine Tasse Kaffee bestellt, oder wenn du Schüler eines Fahrlehrers bist und dieser erklärt dir gerade, wie du die Kupplung kommen lassen solltest. Dabei handelt es sich um standardisierte, gesellschaftlich eingeübte, somit nicht zuverlässig ehrliche Situationen, die beiden Seiten - dem Schwarzgestimmten, aber auch dem Wahrnehmenden - es erlauben, in einer Art naiven Halbwissens füreinander zu bleiben, das als emotionaler Stoßdämpfer seine verschleiernden kräftesparenden Dienste tut und nicht dazu drängt, sich als depressiv Kranker oder als empathischer Anteilnehmender des Elends einander zu erkennen zu geben. Anders ist das, wenn solche Seelen einen Therapeuten aufsuchen. Das beiderseitige Erkennen ist dann oft innerhalb weniger Sekunden vorprogrammiert und verändert alles; es ist ein bisschen so, als würde ein mit 300 Stundenkilometern plangemäß dahin rasender ICE plötzlich in einem an sich unbedeutenden, aber hierdurch doch zu zwingender Relevanz gelangenden, kleinen Dorf einen Sonderhalt einlegen. Das schwarze Wesen zeigt sich – oft nur in zwei einleitenden, seine Seelenlage wortarm und gequält darlegenden Sätzen - bisweilen auch nur in der Art, wie es dich begrüßt und wie es sich hinsetzt - und du als Therapeut bist schon mittendrin, affiziert, ein bisschen dunkel eingefärbt, bevor du dich bewusst und freigewählt positionieren konntest: im leidvollen Dschungel der schweren Depressionen.
Die Wahrnehmungsfähigkeit hierfür entwickelt sich nicht unbedingt, während du in einem Straßencafe sitzt und er am Nachbartisch eine Tasse Kaffee bestellt, oder wenn du Schüler eines Fahrlehrers bist und dieser erklärt dir gerade, wie du die Kupplung kommen lassen solltest. Dabei handelt es sich um standardisierte, gesellschaftlich eingeübte, somit nicht zuverlässig ehrliche Situationen, die beiden Seiten - dem Schwarzgestimmten, aber auch dem Wahrnehmenden - es erlauben, in einer Art naiven Halbwissens füreinander zu bleiben, das als emotionaler Stoßdämpfer seine verschleiernden kräftesparenden Dienste tut und nicht dazu drängt, sich als depressiv Kranker oder als empathischer Anteilnehmender des Elends einander zu erkennen zu geben. Anders ist das, wenn solche Seelen einen Therapeuten aufsuchen. Das beiderseitige Erkennen ist dann oft innerhalb weniger Sekunden vorprogrammiert und verändert alles; es ist ein bisschen so, als würde ein mit 300 Stundenkilometern plangemäß dahin rasender ICE plötzlich in einem an sich unbedeutenden, aber hierdurch doch zu zwingender Relevanz gelangenden, kleinen Dorf einen Sonderhalt einlegen. Das schwarze Wesen zeigt sich – oft nur in zwei einleitenden, seine Seelenlage wortarm und gequält darlegenden Sätzen - bisweilen auch nur in der Art, wie es dich begrüßt und wie es sich hinsetzt - und du als Therapeut bist schon mittendrin, affiziert, ein bisschen dunkel eingefärbt, bevor du dich bewusst und freigewählt positionieren konntest: im leidvollen Dschungel der schweren Depressionen.
Wie reagierst du in dieser Bedrängung: es ist vielleicht der Spagat zwischen Intuition und Anteilnehmen, der es so schwierig macht, klug und wirksam zugleich zu intervenieren. Die eine Seite in dir, nennen wir sie die angesammelte Erfahrung legiert mit deinem dir als Therapeut nolens volens zur Verfügung stehenden Instinkt, legt sich wie eine Vorentscheidung auf deine Schultern zu einem viel zu frühen Zeitpunkt, an dem noch gar nichts entschieden hätte werden sollen. Dieser frühe Moment hindert dich zwar nicht, das Gespräch mit dem Hilfesuchenden scheinbar professionell weiter zu führen; und dennoch sitzt von da an eine kleine, hartnäckige Stimme in deinem Ohr, die dir ständig einflüstert: das schafft der nicht, das wird nichts, das ist zu schwer, das ist hoffnungslos. Unter Umständen fällt dir mitten im Gespräch ein längst vergessen geglaubter Suizidfall aus früheren Zeiten ein, der dich Minute für Minute beklemmender an diesen Patienten erinnert. Der depressive Dschungel hat gewonnen und er hat das zweite Bein des Spagats, dein Mitgefühl, deinen Auftrag und Wunsch, therapeutisch wirksam zu sein, unterminiert.
Vor vielen Jahren hatte ich eine solche dunkle Begegnung mit einem Mann in mittleren Jahren. Nach wenigen Minuten des Kennen-lernens nahm die kleine hoffnungstötende Ohrenstimme von mir Besitz und ich war überzeugt, diesem Patienten, berufstätig, intelligent, alleinlebend, ohne jegliche private Kontakte, könne ich nicht helfen, und sein Schicksal sei schwarz bis hin zur Selbstabschaffung. Die einzige Unsicherheit, die mir meine Intuition noch einräumte, war die Frage, wann. Ich war unfähig, mir vorzustellen, ihn in Behandlung zu nehmen. Das hätte ja bedeutet, ihn zu begleiten auf dem Wege ins von mir vorphantasierte Schreckensland. Ich entschied innerlich sehr rasch, ihn weiter zu verweisen, auch wenn ich den üblichen zeitlichen Rahmen dieser Erstbegegnung vollständig einhielt; ich wollte ihn nicht mit meinen Überlegungen und Empfindungen, die sich als Fehlurteil hätten erweisen können, behelligen und nannte ihm den Namen einiger anderer Fachkollegen zur Auswahl. Er nahm meine Empfehlung, deren wahren Anlass ich für mich behielt, minenspiel- und kommentarlos zur Kenntnis, bedankte sich und ging. Eine Abschiebung, über die ich noch heute grübele.
Nachdem ich ihm einige Wochen danach die Rechnung für das Erstgespräch geschickt hatte, bezahlte er nicht. Ich dachte, das sei die gerechte Strafe, oder aber er habe sich tatsächlich in der Zwischenzeit schon umgebracht. Es gelang mir aber dennoch, mich pro forma in das unbelastete Lebensgefühl der eingangs geschilderten Nichtwissenden zurückzuziehen, und ihm die in solchen Fällen übliche Mahnung zu schicken. Meine Intuition lies mich annehmen, dass ich auch auf die Mahnung hin kein Honorar erhalten würde. So war es auch. Doch mehr als ein halbes Jahr danach erblickte ich eines Tages auf einem Kontoauszug einen Geldeingang, versehen mit dem Betreff: Entschuldigung, aber mir war alles egal. Darunter sein Nachname. Das war der erste Moment in unserer letztendlich mehrmonatigen inneren Beziehung, in dem mein kleiner Ohrentyrann ziemlich sprachlos war und eine ausreichend helle Begegnung vielleicht doch möglich gewesen wäre.
„Persuasion and Healing“ ist nicht zufällig ein vielgelesenes und bis heute in seinen Grundaussagen unwidersprochenes Werk des psychotherapeutischen Fachgebietes. Ich habe übrigens, wie du dir vielleicht denken kannst, nicht darüber nachgegrübelt, ob ich ihn damals, nach dem Erstgespräch, doch in Behandlung hätte nehmen sollen. Oder darüber, ob nun meine Vorannahmen richtig oder falsch gewesen sind. Sondern darüber, dass es so war, wie es war. Die Hoffnung, das positive Vorteil, die gute Prognose, die der Behandler dem gemeinsamen Unternehmen initial beimisst, ist eines der entscheidenden Kriterien für den Ausgang einer Therapie. Ich wünsche meinem Patienten und allen anderen Patienten dieser Welt, dass sie auf ihrer Suche nach therapeutischer Hilfe an einen Therapeuten geraten, in dem sie Hoffnung auslösen und das Gefühl, ihnen helfen zu können. In Zeiten, in denen geplante neue Vereinbarungen der Krankenkassen in den Schubladen der Verwaltungszentralen schlummern, wonach der Therapeut mehr Geld und der Patient eine kürzere Wartezeit versprochen bekommen... wenn beide sich bereit erklären, wie auf dem Großparkplatz einer Veranstaltungsarena, von einem unbeteiligten Vermittler den nächst-freiwerdenden Platz besetzen zu lassen (was als fortschrittliche Variante der "Versorgungsstärkung" gepriesen wird) ist zu befürchten, dass mein Wunsch ein frommer Wunsch bleibt. Die ewig zitierte Frage nach dem sogenannten freien Therapieplatz erschöpft sich weder geographisch (ob in der Lessing- oder Goethestraße) noch chronologisch in der Schnittmenge der Terminkalender beider Beteiligten, sondern berührt die Frage, ob der Patient mit seinem Problem Platz im Kopf des Therapeuten finden kann. Denn ohne diese innere Pärchenbildung beider Persönlichkeiten, die nur bedingt durch Bemühen hergestellt werden kann, bleibt die therapeutische Begegnung leer, obwohl die „Versorgung“ ordnungsgemäß stattfand.
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