f Psychogeplauder: Halber Praxiswitz Staffel 1 Episode 5: Frau Schaun-wir-mal

Donnerstag, 2. September 2021

Halber Praxiswitz Staffel 1 Episode 5: Frau Schaun-wir-mal

 




...was  bisher  geschah ...

Meine absolut sichere Nachfolgerin rief an um mir mitzuteilen, dass es sich doch sehr mit meinem Sitz hinziehe, so daß sie sich nun auf den Sitz der ärztlichen Kollegin S. beworben habe. Daher ziehe sie ihr Interesse an meinem Sitz zurück. Die Übergabe für ihre neue Praxis sei bereits am 1. Januar. Ich wünschte ihr alles Gute und biß danach in ein Teetablett. 


Episode 5: Frau Schaun-wir-mal


Tag 121: 

Nach überstandener Unterlippenverletzung wegen eines kühnen Lacktablettbisses verdichten sich meine Gespräche mit der mir aus ihrer Ausbildung schon länger bekannten psychologischen Kollegin T.

Kollegin T. bezeichnet sich als gebranntes Kind, da sie schon mal einen Bewerbungsversuch machte und dann zu spät merkte, dass sie als Psychologin für den damals beworbenen Arztsitz keine Chance hatte, da ihr Mitkonkurrent ein Arzt war. Das sei eine sehr unangenehme Sitzung gewesen damals im Ausschuss. Oh sage ich, dann ist das ja jetzt ein Glück, dass die absolut aussichtsreiche ärztliche Kollegin W. aus dem Rennen ist. Psychologin T. ist auch schon lange interessiert an meinem Sitz. Hoffen wir, dass sich nicht doch noch ein Arzt auf meinen Sitz bewirbt und sie das Gleiche erlebt. Ich erinnere sie, dass sie bei einer erfolgreichen Übernahme Räume bräuchte, wenn sie sich bewerben würde, da ich in meinen Räumen weiter arbeiten werde. Sie wirkt erstaunt, dabei habe ich ihr das bei einem sommerlichen Abendessen fast ein Jahr zuvor schon einmal gesagt. Sie meint, oh, das ist sicher schwierig, und jammert ein bisschen. Ich gebe ihr Raumsuch – Tipps, überlege, mir einen Überblick über die Raumsuchsituation zu machen und diverse Makler anzurufen. Bis mir einfällt, dass das eigentlich ihr Job wäre.


Tag 132: 

Ich schlafe schlecht. Ich bin die ganze Zeit nervös, weil die Entscheidung des Ausschusses, ob denn nun mein Sitz auch wirklich nachbesetzt wird oder nicht, ausgerechnet in meine Sommerferien fällt. Mein Freund lässt den Satz fallen, ich bin froh, wenn das ganze rum ist. Es soll nicht das einzige Mal bleiben, dass er den Satz fallen lässt. Schon zu Beginn der Sommerferien habe ich schlecht entspannen können, weil die psychologische Kollegin T. so merkwürdig passiv wirkt und ich ihr doch zugesichert hatte, dass ich sie bevorzugt als Bewerberin für den Sitz verteidigen würde.


Tag 148: 

Gestern war der zum zweiten Mal verschobene Termin der Ausschusssitzung. Ich rufe aus dem Urlaub am beim Ausschuss an. Gottlob ist die gewisse Dame vom Ausschuss nicht dran, sondern ihre Kollegin. Der Ausschuss habe positiv entschieden. Der Sitz werde ab morgen vier Wochen lang ausgeschrieben. Ich sitze im südfranzösischen bergigen Hinterland von Nizza und verfüge, welch´ eine Freude, über eine Internetverbindung. Ich schicke sofort eine E-Mail an Kollegin T., der ich versprochen habe, sie zu berücksichtigen. Ich teile ihr meine Chiffrenummer mit und dass sie sich nun auf den Sitz offiziell bewerben könne; weil sie irgendwie sich immer so bitten lässt, schreibe ich dazu: wenn Sie noch wollen. Kollegin T. meldet sich drei Tage nicht. Mein Lebensgefährte kriegt auf T. eine negative Gegenübertragung. Ich schlafe schlecht. 


Tag 151: 

T. meldet sich per E-Mail und schreibt, na dann schau´n wir mal. Eigentlich ist sie keine Bayerin. Auch sonst stört mich das Na-Dann-Schaun-Wir-Mal etwas. Mein Lebensgefährte nennt sie jetzt Frau Schaun-Wir-Mal. Ich kriege kalte Füße, denn wenn sie jetzt gar nicht mehr will, dann sollte ich doch weitere Bewerber ins Boot holen. Ich überlege, ob ich Kollegin T. viel zu lange die innere Treue gehalten habe. Sie hat ein schwieriges Approbationsalter und vor dem Ausschuss wollte ich ihr lange keine Konkurrenten mit einem besseren Approbationsalter vorsetzen. Und vor allem keine Ärzte. 


Tag 152: 

Noch im Urlaub erhalte ich sofort nach Beginn der Ausschreibung einen Anruf von einer Ärztin namens L. Sie habe vor, sich auf meinen Sitz zu bewerben. Wolle das aber nur ankündigen, mich nicht weiter in meinem Urlaub stören und wir könnten ja dann die Feinheiten nach meiner Rückkehr besprechen. 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen